Autoren: Nadine Schülke, Andreas Geurtz, Laura Brabenec, Nina Bengfort
Am Ende jedes Semesters stehen Prüfungen an und es heißt: „Sorry Leute, ich habe keine Zeit. Ich habe Stress.“ Folgende Situation kennt vermutlich jeder von euch. Versucht euch einmal darin hineinzuversetzen und fragt euch: „Wie hättet ihr euch in diesem Moment gefühlt oder reagiert?“
„Prüfungsphase. 7:30 Uhr am Hörsaalzentrum. Meine Hände zittern und kribbeln. Mir wird heiß, ich schwitze. Ich sehe meine Kommilitonen noch mit ihren Lernzetteln vor dem Raum sitzen. Meine Freundin fragt mich noch irgendetwas prüfungsrelevantes, was ich selber nicht beantworten kann und das Grüppchen neben mir unterhält sich über Begriffe, die ich noch nie gehört habe. Panik steigt langsam in mir auf: „Habe ich genug gelernt? Hätte ich nicht so viel arbeiten gehen sollten?“ So langsam werde ich hibbelig, möchte nur noch zurück in mein Bett. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Während ich versuche mir alles schön zu reden, kommt ein völlig gelassener Typ in den Raum und schlendert zu seinem Platz und ich frage mich: „Wie kann er nur so ruhig bleiben?““.
Wie man in dem Beispiel sieht, reagieren Menschen unterschiedlich auf Stresssituationen, sodass wir uns die Frage gestellt haben, warum ist das so? Eine Antwortmöglichkeit ist die unterschiedliche Bewältigung (Coping) von Stress.
Was bedeutet Stress und was bedeutet Coping? Stress „ist die erhöhte Beanspruchung physischer und psychischer Art“[1]. Nach Cannon ist es ein Ereignis, das autonom eine körpereigene Kampf- oder Fluchtreaktion verursacht. Es kommt zur Ausschüttung von Stresshormonen, die uns in geringen Mengen dabei helfen können die Leistung zu steigern, uns zu motivieren oder uns aufmerksamer zu machen, allerdings kann es zu Burnout, Leistungssenkung oder Herzerkrankungen führen[2]. Es gibt unterschiedliche Stressfaktoren sogenannte Stressoren wie zum Beispiel die Zeit, unzureichende oder mangelnde Bestätigung.
Coping ist das Bemühen einer Person mit Situationsanforderungen umzugehen[3]. Auch hierbei gibt es verschiedene Arten wie: die Ursachenbehebung, die Situation ertragbarer machen, die Aussicht auf Erfolge verbessern, ein positives Selbstbild fördern und ein stabiles soziales Umfeld schaffen.
Es gibt verschiedene Stress- Coping Modelle wie zum Beispiel das „Rollenstressmodell“ von Kahn & Byosiere, das „Person- Environment- Fit Modell“ von Edwards, Caplan & van Harrison sowie das „Transaktionale Stress Modell“ von Richard Lazarus[4], welches heute das bekannteste Modell ist und wir uns deshalb auf dieses beziehen werden.
Das Modell begründet die unterschiedlichen Reaktionen auf Stress auf die individuelle Bewertung der betroffenen und handelnden Person. Es umfasst die subjektiv kognitive Einstellung und Bewertung von einwirkenden Stressoren. Wir unterscheiden uns in Bezug auf unsere Coping Fähigkeiten, um es mathematisch auszudrücken Stressor ≠ Stressor, jeder Mensch empfindet unterschiedliche Dinge als stressig und reagiert darauf anders.
Was heißt das auf „studentisch“?
Wir erklären euch das Stress- Coping Modell anhand der aufgeführten Abbildung und mit Hilfe des oben genannten Beispiels:
Mögliche Stressoren in der Prüfungsphase sind unter anderem der Zeitdruck vor und während der Klausur. In der Lernphase herrscht Zeitmangel, durch eng aneinander liegende Termine und während der Klausur besteht die Angst nicht alle Aufgaben rechtzeitig bearbeiten zu können. Einige Studierende, die neben dem Studium einen Nebenjob ausüben befinden sich zugleich in einem Konflikt, da sie ihren Lebensunterhalt finanzieren müssen, andererseits diese Zeit zur Prüfungsvorbereitung nutzen könnten. Jedem von uns ist bekannt, dass in der Prüfungsphase Freizeitaktivität und soziale Kontakte vernachlässigt werden und Schlafmangel entstehen kann. Ein letzter Stressor können die Kommilitonen sein, die kurz vor der Prüfung noch in ihren Lernunterlagen vertieft sind und unangenehme Fragen stellen.
In dem Lazarus Modell erfolgt nun die Selektion der Stressoren. In dem Fall der nervösen Studentin nimmt sie alle oben genannten Stressoren wahr. Der ruhige und gelassene Student hingegen sieht die lernenden Kommilitonen nicht und/oder hat keinen Nebenjob, sodass er einen anderen zeitlichen Hintergrund hat und die darauffolgenden Stressoren hinsichtlich positiver, gefährlicher (Herausforderung, Bedrohung, Verlust) oder irrelevanter Einflüsse anders bewertet. Diesen Schritt nennt man primäre Bewertung[5]. Anschließend folgt die sekundäre Bewertung, in der die verfügbaren Ressourcen (hier das Wissen, was man sich vorher angeeignet hat oder der Spicker, den man versteckt mit sich führt) abgeschätzt werden. Dabei ist zu beachten, dass unsere Reaktion auf Stressoren, weniger von den Faktoren selber abhängt, sondern vielmehr von unserer eigenen Bewertung der Situation.
Nun beginnt der Bereich des Copings. Wir versuchen in diesem Fall den Stress zu bewältigen, indem wir entweder problemorientiert handeln und zum Beispiel einen Spicker schreiben oder beispielsweise die Klausur noch schnell auf das nächste Semester schieben. Indem man Kommilitonen um Rat fragt, Lerngruppen bildet oder sein soziales Umfeld vorwarnt: „Achtung, Leute! In der nächsten Zeit werde ich zum gestressten Kaffeejunkie und habe keine Zeit für euch!“, lässt sich Stress auch emotionsorientiert lösen.Auch die soziale Unterstützung und Anerkennung wie gutes Zureden hilft den Stress zu bewältigen und sich besser zu fühlen.
Abschließend wird die Situation noch einmal überdacht, um den Stress wirklich zu bewältigen und man stellt fest, dass man genug gelernt hat beziehungsweise nichts gelernt hat, weil schieben hilfreicher gewesen ist. In dem oben genannten Beispiel sieht man, dass die Studentin keine erfolgreiche Stressbewältigung (Coping) durchlaufen hat, wohingegen „gelassene Typ“ den Stress besser gelöst hat[6].
Fazit: Wir Menschen erleben Stress alle unterschiedlich, da wir Situationen individuelle Stellenwerte zuordnen. Laut Stress–Coping klingt es einfach den Stress abzubauen, aber in der Realität ist dies oft schwierig, dazu sollte man versuchen die Ursachen des Stresses (Stressoren) zu identifizieren und diese auszulöschen. Die emotionale Belastung kann man auch ohne die Ursache beheben zu müssen abbauen, indem wir Sport machen, Pausen einlegen oder uns entspannen (Autogenes Training)[7]. Belohnung tut jedem gut, also plane etwas Schönes nach den Klausuren wie zum Beispiel ein Festivalbesuch oder eine Shoppingtour.
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Quellenverzeichnis:
[1] Bibliographisches Institut GmbH (2013) Stress URL: http://www.duden.de/node/691374/revisions/1308811/view; Stand 30.07.2015
[2] Cannon, Walter B. (1929): Physiological Reviews – Organization for physiological homeostasis. Vol. 4, No. 3. URL: https://www.uni-due.de/~bj0063/doc/Cannon.pdf; Stand 28.07.2015
[3] Stangl, W. (2011). Coping. Lexikon für Psychologie und Pädagogik. URL: http://lexikon.stangl.eu/36/coping/ ;Stand: 30.07.2015
[4] Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (2009) URL: http://stress.portal.bgn.de/8179/15090/7; Stand:30.07.15
[5] Große Boes, Stefanie, Kasericht Tanja (n.bekannt): Das Stressmodell nach Lazarus URL: http://www.managerseminare.de/Datenbanken_Tools/Das-Stressmodell-nach-Lazarus,155518 ; Stand 29.07.2015
[6] s.o.
[7] Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft (n.bekannt): Leitfaden zur Stressbewältigung URL: http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/scs/pdf/leitfaeden/studierende/stressbewaeltigung.pdf; Stand 30.07.2015